Gabentisch 2018
Gabentisch

Eigentlich war es der perfekte Geburtstag für eine "Bienen- und Wespen-Lobbyistin": Erst Besuch des "9. Nationalen Dialogforums" zum Thema Insektenschutz und anschließend Baustein des Fachgesprächs "Ausgesummt" der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

Dementsprechend füllte sich der Gabentisch mit sehr "hymenopterigen" Präsenten: Eine Probe der Bienentrachtsamenmischung "Imkermischung Verden" (die vermutlich eher was für Honigbienen ist...teste ich aber mal), ein Glas echter "Bundestagsblüte" von den Bienen am Reichstagsgebäude, das Buch "Stachel und Staat" von Michael Ohl (stand schon länger auf der Must-Have Liste), Handcreme für die von der Wildbienengartenarbeit geschädigte Haut und sogar eine der selten 2 €-Münzen aus Slowenien, mit der der Weltbienentag gefeiert wurde.

Ich selber beschenkte mich mit dem neuen Buch von Westrich - endlich mal ein Nachfolger von den "Wildbienen Baden-Württembergs", vor deren Stapel ich damals als finanzschwacher Schüler bei Kiepert (einst größter Buchhandel Berlins) stand. 50 Mark, das war dann doch etwas viel für ein Buch und viele Jahre ärgerte ich mich, dass ich damals nicht gekauft hatte. Die beiden Bücher wurden nun jahrelang für Hunderte (aber Euro) gehandelt und es gab nichts Vergleichbares. Nun aber endlich greifbar und zur Abwechslung mal nicht nicht mit massregelnd dicken Kreuzen über den Fotos der "falschen Nisthilfen". Sondern sogar sehr schönen Fotos, endlich umfassende Pflanzenlisten und über 800 Seiten. Das ist wirklich ein Jahrhundertwerk und kommt gerade recht in diesen insektenschutzwürdigenden und -bedürftigen Zeiten!

westrich.jpg
"Die Wildbienen Deutschlands" - ein verdienter Name!

Die Veranstaltungen waren auch wieder anregend und interessant: Im Dialogforum wurde ein Maßnahmenpapier diskutiert, dass auf den Empfehlungen des  Sachverständigenrats des BMEL mit dem Titel "Für einen flächenwirksamen Insektenschutz" fusst - unbedingt lesenswert! Dr. Robert Trusch vom Naturkundemuseum Karlsruhe wurde von der Moderatorin als "Anwalt der Insekten" vorgestellt und zusammen brachte die Runde aus neun geladenen Gästen und später Dutzenden Besuchern während der Workshops wohl so einiges an Input.

Gesetze, die Lehrer daran hinderten, elementare Naturprozesse zu visualisieren (Beispiel: Aufzucht von Kaulquappen aus Laich) würden so manche Entomologen-Karriere noch vor ihrem Beginn zunichte machen. Zwingender Umbruch von Grünland und Mahd in Naturschutzgebieten wurden kritisch kommentiert. Unfassbar toxische Pestizide, die nun EU-weit zugelassen wurden, sind keine Lösung und auch nicht die Zukunft! Walter Haefeker stellte im Fachgespräch vor, wie weit die Robotik bereits ist um sehr spezifische Pflanzenpflege zu ermöglichen.

Klar wurde auch: Zahlen kann das alles nicht der Landwirt! Eine gestärkte 2. Säule in der GAP darf nicht zu Lasten der Landwirtschaft gehen; es muss bezahlt werden wenn nicht alles aus dem Boden geholt wird was möglich wäre.

Eberhard Hartelt (Umweltbeauftragter des Dt. Bauernverbandes), Olaf Tschimpke (Präsident des NABU) und Jörg Sibbel (Vorsitzender des Bündnisses "Kommunen für biologische Vielfalt") im Gespräch mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze (rechts)
Eberhard Hartelt (Umweltbeauftragter des Dt. Bauernverbandes), Olaf Tschimpke (Präsident des NABU) und Jörg Sibbel (Vorsitzender des Bündnisses "Kommunen für biologische Vielfalt") im Gespräch mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze (von links nach rechts)

Dank der inhaltlichen Zuarbeit von vielen Entomologen habe ich in dem Vortrag in der Veranstaltung "Ausgesummt" viele der zugeschickten Beispiele – ob falsch gepflegte Wiesen und Wegränder oder umzubrechende Blühstreifen – vorgebracht. Interessant hier auch, wie überlegen die extensive Weidetier-Haltung vs. Mahdregime sein kann!

Habe den Finger auch noch auf die Avermectine gelegt, die Entwurmungsmittel, die vor allem Pferden und anderen Weidetieren verabreicht werden und die zu 90% wieder ausgeschieden werden um dann den Dung-fressenden Käfern zuzusetzen (und ihren Konsumenten; den Vögeln!).

Zudem sollte man auch mal den erforderlichen und für kleinere Organisationen kaum zu erbringende Eigenanteil bei dem neu aufgelegten "Aktionsprogramm Insektenschutz" thematisieren - da können wirklich nur "die Großen" Projektskizzen einreichen wenn nicht mal die Gehälter der Leute als Eigenleistungen eingebracht werden können, die solche Projekte planen und in Antragsform giessen!

Pestizide waren eh ein großes Thema der Veranstaltung und dazu konnten berufenere Leute wie Prof. Menzel etwas sagen; daher habe ich das nur kurz gestreift.

An neuen Publikationen seit der Krefelder Studie ist mir eigentlich nur das Paper von Hallman in die Hände gekommen, in dem Proben aus zwei Schutzgebieten in den Niederlanden ausgewertet wurden (Proben aus den Jahren 1986 bis 2016) und die ähnlich hohe Abnahmen wie das von der Krefelder Gruppe dokumentierten.

Konsens war ja aber wohl auch, dass alle eher die Handlung fordern als nun neue Studien – ein Monitoring muß natürlich etabliert werden aber ein Abwarten auf Ergebnisse können wir uns wohl nicht mehr leisten.

Ferner habe ich noch den Hinweis auf insect respect eingepflegt, ein interessanter Versuch, die ökologischen Folgen eines Produktes auch für den Endkunden zu visualisieren und über Ausgleichsflächen zu kompensieren (Selber mal schauen: www.insect-respect.de). Die innerstädtischen Konsumenten müssen eingebunden werden selbst wenn sie Insekten allenfalls als nervige Lästlinge oder Schädlinge wahrnehmen!

Im Abschluss habe ich noch empfohlen, die „Ausgesummt“-Ausstellung in Kassel zur Wanderausstellung zu machen, da sie – wie ich finde – wirklich viele der Aspekte gut und ausgewogen sowie eingängig darstellt (läuft noch bis zum 14.10. im Ottoneum).

So, jetzt geht es aber endlich wieder in den Wildbienengarten - die Sonne lacht, es muss gepflanzt werden!

 

 

Share icon

Theme by Danetsoft and Danang Probo Sayekti inspired by Maksimer